Gießener Anzeiger vom 3. Dezember 2009

„The Secret Lives of Henry & Alice“: Exzellente Inszenierung im Keller Theatre

David Tristrams Komödie „The Secret Lives of Henry & Alice“ in der exzellenten Inszenierung von Rosemarie Bock ließ die Besucher im Keller Theatre bei der Premiere so herzlich lachen, wie man es sich nur wünschen kann. Zwei Gründe gab’s dafür: das witzige Stück und zwei Debütanten, die Theaterblut in sich haben.

Henry&Alice
Lisa Schäfer und Vikram Singh laufen unter der Regie von Rosemarie Bock als Henry und Alice zur Höchstform auf.
Bild: Schultz
Von Heiner Schultz

Die Serie der Erfolge des amerikanischen Keller Theatre reißt nicht ab. David Tristrams Komödie „The Secret Lives of Henry & Alice“ in der exzellenten Inszenierung von Rosemarie Bock ließ die Besucher der ausverkauften Kleinen Bühne Gießen jetzt bei der Premiere so herzlich lachen, wie man es sich nur wünschen kann. Zwei Gründe gab’s dafür: das witzige Stück und zwei Debütanten, die offensichtlich Theaterblut in sich haben.
Köstlich, wie Lisa Schäfer und Vikram Singh das einerseits verfahrene Eheleben der zwei Ultranormalbürger Henry und Alice über die Rampe bringen. Die beiden Studierenden der Justus-Liebig-Universität agieren, als wäre es ihr hundertster Auftritt. Textsicher ohne zu rasen verkörpern sie die reale Bürgerlichkeit des Ehelebens 1985: Er hat einen langweiligen Bürojob und als Hobby Fernsehen, sie geht in ihrer Hausfrauenrolle als Putzmaschinchen auf. Den resultierenden alltäglichen Eheverfall hat der Autor routiniert und originell beschreiben, und Schäfer und Singh kommen – unterstützt durch die Routine und Kompetenz Rosemarie Bocks – richtig in Fahrt und zeigen sich als echte Komödianten.
Schäfer spielt die hysterischen Aspekte ihrer Figur ebenso genüsslich wie präzise aus wie sie die Rollenklischees bedient und mit quirliger Mimik ausdruckssicher zur Sache geht. Singh spielt den Henry als Langweiler, der zwar mit logischen Argumentationstricks seine Frau in der Diskussion aufs Kreuz legen kann, ansonsten jedoch keinen Draht mehr zu ihr hat. Sehr schön, denkt man kichernd, aber ist das alles?
Doch der Autor hat verschiedene Traumphasen eingesetzt, in denen Henry unter anderem als viriler Strandkellner (mit großartigem französischen Akzent) die liebeslustige Touristin Alice anmacht. In diesen „geheimen Leben“ finden die beiden auch ihren erotischen Traumpartner – Schäfer und Singh schaffen es ohne weiteres, noch ein paar Figuren mehr auf die Bühne zu stellen. Erwähnenswert ist auch der virtuelle Goldfisch „Orca“, der im Normalleben der beiden als Kindersatz dient, ein netter kleiner Einfall im attraktiven Bühnenbild.
Mit dieser Produktion erweist sich das Keller Theatre zum einen erneut als Talentschmiede, die das Niveau in ihrer Klasse hoch hält. Zum anderen hat Regisseurin Bocks hier ihre sensible und ganz erfahrene Hand im Spiel: Ablauf, Körpersprache, Timing und Ausdruck im Englischen sind herausragend, was sich für den Besucher zu einem überdurchschnittlichen Vergnügen reimt – unbedingt vormerken.
Weitere Vorstellungen am 4., 5., 11. und 12. Dezember 2009 um 19 Uhr 30 in der Kleinen Bühne Gießen in der Bleichstraße 28.
www. keller-theatre.de