Gießener Anzeiger vom 17. Januar 2009

Talente-Zufuhr aus Uni bekommt dem Keller Theatre sehr gut

"Jake´s women" in stimmiger Inszenierung - Flotte Abfolge witzig-absurder Situationen

GIESSEN (hsc). Mit seiner Produktion von Neil Simons "Jake´s Women" beschreitet das Keller Theatre jetzt neue Wege. Die Darsteller sind Teilnehmer eines Uni-Seminars im Bereich "Außerfachliche Kompetenzen" und spielen zum ersten Mal im "Keller". In der versierten Inszenierung von Elisabeth Sommerhoff macht die Truppe dabei den Eindruck, als habe sie darauf nur gewartet und setzt die edlen Vorgaben des Autors umwerfend knackig in die Praxis um. Beim Auftritt von Gero Guttzeit spürt man sofort, dass hier ein wahres Bühnentalent agiert. Er spielt souverän den durch seine Ehekrise ziemlich durch den Wind gedrehten Schriftsteller Jake, der so viel Fantasie hat, dass er neben seiner lebenden Frau Maggie (die nächste Überraschung: Nicole Lüttich) auch noch sämtliche anderen weiblichen Figuren seines Lebens beliebig herbeiimaginieren kann - notfalls auch gleichzeitig. Autor Neil Simon gab hier seinem Affen reichlich Zucker und schuf für seine schlagfertigen Figuren Situationen und Dialoge, die einerseits niveauvoll, zum anderen aber auch dermaßen witzig sind, dass man glänzend unterhalten wird. Dazu muss man sich an das rasante Tempo gewöhnen, mit dem die Ebenen und Darsteller rotieren, wird dafür aber sehr schön mitgerissen.
Sommerhoffs Inszenierung schafft sehr greifbare Figuren: Sabrine Tryba als Jakes Analytikerin etwa sorgt mit leicht trägem deutschen Akzent (ein amerikanisches Lieblingsklischee) für zahlreiche witzige Momente. Vor allem jedoch behauptet sich Nicole Lüttich als Maggie neben dem wie eine Wunderkerze strahlenden Hauptdarsteller. Sie setzt sprachgewandt authentische emotionale Fixpunkte und sorgt ebenfalls dafür, dass man zuweilen genüsslich im Stück versinkt. Bemerkenswert ist auch das Ensemble: Claudia Domjahn als Jakes Schwester Karen bringt mit ruhiger Präsenz etwas Besinnlichkeit ins Spiel, fast erholsam. Verblüffend rund ist auch die Arbeit von Anna Jakobi (als junger Tochter Molly) und Cornelia Zabret (Molly mit 21). Johanna Kenig bringt als Exfrau Julie eine neue Ebene ins Geschehen. Svenja Beyer als Sheila gibt eine weitere Exfrau, die im Gegensatz zu Jake weiß, was sie will, was man ihr auch abnimmt.
Die Inszenierung schafft, stimmige Bilder und eine flotte Abfolge witziger und teilweise angenehm absurder Situationen, deren Figuren die vom Autor geschaffene Dramaturgie sichtbar machen und die zahlreichen Pointen prächtig auf den Punkt bringen, wobei sie auch noch emotional erkenntlich werden. Resultat: Riesenbeifall für einen sehr kurzweiligen Abend.
*
Nächste Aufführungen am 22., 23. und 24. Januar um 19.30 Uhr im Margarete-Bieber-Saal, Ludwigstraße 34. Für die letzte Aufführung sind nur noch Restkarten verfügbar. www.keller-theatre.de