Gießener Anzeiger vom 14. Oktober 2008
Vergnügliche Szenen einer Briefbeziehung
Munterer, komödiantischer Schlagabtausch in "Hate Mail" mit Gaby Hopfenmüller und Jan Hufnagel. Bild: Schultz
Gaby Hopfenmüller und Jan Hufnagel brillieren in Zwei-Personen-Stück "Hate Mail" im amerikanischen Keller Theatre
GIESSEN (hsc). Einen guten Griff tat das Team des amerikanischen Keller Theatre mit der Auswahl seiner aktuellen Produktion. Bill Corbett und Kira Obolenskys Komödie "Hate Mail" in der Inszenierung von Martin P. Koob bietet mit ihrer originellen Konstruktion ungewöhnliche Ansichten und Denkansätze. Zum anderen hat man mit der bewährten Gaby Hopfenmüller und dem Debütanten Jan Hufnagel eine apartes Darsteller-Duo. Bei der Premiere war Publikum im gut besuchten Saal sehr erheitert. Zu Recht, schließlich ist das Stück ganz und gar auf der Höhe der Zeit, was sich auch in köstlichen Seitenhieben auf moderne Bewusstseinstrübungen niederschlägt. Zunächst mal jedoch sitzen die Darsteller an zwei Tischen und lesen die Briefe vor, die sie einander schicken. Preston (Jan Hufnagel) ist sauer, er reklamiert ein Souvenir, eine kaputte kleine Schneekugel, und sieht überhaupt nicht ein, wieso das abgelehnt wird.
Corbett überdreht die Sache schnell, indem Dahlia, die Sachbearbeiterin des Herstellers (Gaby Hopfenmüller), wegen der Sache bald ihren Job verliert und ihr Glück als Kunstfotografin versucht. Es beginnt zunächst eine heftige Briefbeziehung, deren Steigerung und Aussetzer höchst vergnüglich zu betrachten sind. Hopfenmüller schöpft aus ihrer langjährigen Erfahrung und bietet die gewohnt glaubwürdige, ausdrucksstarke Präsenz; hier allerdings noch eine Nummer präziser als sonst.
Martin P. Koobs Inszenierung peppt das textzentrierte Stück nur mit ganz sparsamen Mitteln auf und setzt stattdessen auf expressive Akzente - eine Geste, eine Körperbewegung lockern den Textfluss immer wieder wirksam auf. Zugleich hilft das, sich auf die zahlreichen Pointen des exzellenten Skripts zu konzentrieren.
In der ersten Hälfte kichert das Publikum streckenweise einfach durch. Jan Hufnagel bewältigt seine erste Rolle mit Bravour. Seine leicht undeutliche Sprechweise kompensiert er mit treffender Akzentuierung und bemerkenswertem Gefühl fürs Timing, und vor allem sitzt ihm ein ganz individueller Schalk im Nacken. So kann der Zuschauer sich auf die Story gut einlassen und genießt die abwechslungsreiche und witzige Beziehung zweier Menschen, die schließlich doch mehr miteinander zu tun haben, als man denken sollte.
Die Texte sind zwar routiniert, doch mit kräftigem satirischem Ansatz geschrieben, so dass einem schließlich nichts bleibt, als beschwingt den Heimweg anzutreten. Beide Akteure erhalten zuvor für ihre gelungene Kontrastdarstellung großen Applaus.
Weitere Vorstellungen am 17., 18., 24. und 25. Oktober 2008 jeweils um 19:30 Uhr