Gießener Zeitung vom 27. Januar 2010

Shakespeares "Hamlet" im Keller Theatre zeigt etliche neue Facetten

Fiona Sara Schmidt | Gießen: William Shakespeares Prinz von Dänemark spricht Englisch, denn seit Freitag ist das „White Horse Theatre“ für acht Aufführungen beim Keller Theatre in Gießen zu Gast. Die Gruppe von professionellen Schauspielern aus England bringt einen ergreifenden „Hamlet“ auf die Bühne des Margarete-Bieber-Saals. Auch wenn man Schwierigkeiten beim Verständnis der altenglischen Texte haben mag, so ist die zweistündige Version von Regisseur Michael Dray sehr sehenswert. Denn der Stoff bietet als eines der wichtigsten und meistgespielten Stücke der Welt immer wieder neue Facetten - gerade in Orignalsprache. In zunehmend derangierter Kleidung schleicht Hamish Stansfeld als Hamlet durch die Friedhofskulisse, ihm erscheint der Geist seines Vaters, der im verrät, dass der neue Ehemann seiner Mutter ihn ermordet hat. Bei den bekannten Schlüsselstellen gng ein kleines Raunen durch das Premierenpublikum, der Schulstoff wird im Kontext der Aufführung zu einer spannenden Geschichte.
Die Premierengäste, bunt gemischt aus Englischklassen, treuen Keller-Theatre-Fans und Shakespeare-Interessierten, ließen sich schnell in den Bann der ausdrucksstarken Darsteller ziehen. Vor reduzierter Kulisse standen ganz die großen Gesten und das gesprochene Wort im Mittelpunkt der Aufführung. Besonders Andrew Malkin in seiner Dreifachrolle als Claudius, Polonius und Geist interpretierte jede der Figuren auf charakteristische Weise - den Stiefvater hart und streng, Polonius kauzig und humorvoll.
Hamlet wird zunehmend verzewiefelt, spielt aber den Verrückten und verliert seine Geliebte Ophelia (Noor Lawson), weil er ihren Vater tötet. Noor Lawson ist neben Horatio und Laertes die Rolle der verzweifelten jungen Frau zugedacht und lässt die im Nachthemd singend um ihren Vater trauern. Auch Elena Kaufmann als Hamlets Mutter gibt eine starke Frauenfigur, die hin- und hergerissen zwischen Ehemann und Sohn ist. Die Version des „White Horse Theatre“ konzentriert sich mit reduzierter, aber hochkarätiger Besetzung auf den junger Mann der an der Suche nach Wahrheit und Loyalität scheitert.und kann zum Finale mit einer dramatischen Fechtszene aufwarten.
Weitere Vorstellungen am 28., 29. und 30. Januar sowie am 4., 5. und 6. Februar jeweils um 19.30 Uhr im Margarete-Bieber-Saal.