Gießener Allgemeine Zeitung vom 3. Juni 2008

Große Freude machte sich breit; "Keller Theatre" zeigt auf der Kleinen Bühne in der Bleichstraße Einakter

GIESSEN (vh). Das Freilufttheater über der Stadt bot soeben ein Gewitterschauspiel und zog etliche Register der missliebigen Art. Darüber freuten sich geschädigte Personen und auch Rettungskräfte nicht, die Einsatz schoben. Gut geschützt - unter Dach und Fach - gab zeitgleich das "Keller Theatre" auf der Kleinen Bühne (Bleichstraße 28) ein Gastspiel. Zu Schaden kam dabei allerdings niemand - indes machte sich ungeteilte Freude breit. Schließlich blieb sogar noch Zeit für eine Zugabe. Einmal pro Saison liefert das englischsprachige Theater traditionell Einakter. Diesmal vier Stücke des britischen Bühnenautors Jean McConnell (geb. 1928 in London).
Bei den Einaktern gibt ein ungeschriebenes Gesetz vor, dass die obligatorische Pointe jeweils zum Schluss auftaucht. Anfangs schieben die Großmütter Jenny (Aliye Inceöz) und Barbara (Rosemary Bock), vom Autor liebevoll "Grannies" betitelt, ihre Kinderwagen auf die Bühne. Die Enkelbetreuerinnen setzen sich nebeneinander in zwei Strandpromenadenstühle (freundlicherweise gesponsert von Möbelstadt Sommerlad) und diskutieren unterschiedliche Empfindungen ihres Großmutterstatus. Jenny kräuselt ihre Stirn zu hohen Wellenbergen, sodass schlagartig ihr Missfallen offensichtlich wird. Barbara ergeht sich in Elogen ("I love the little hands") und wettert gegen solche Eltern, die ihre Babys nerven, als wäre das umgekehrt nicht etwa eher der Fall. Jenny schöpft einen Verdacht. So viel sei verraten: Es gibt für eine der Großmütter einen traurigen Abgang.
Nun betreten zwei begeisterte Hobbygärtner die Bühne. Das Stück "Garden Pests" ist in Wirklichkeit ein Hohelied auf die Schönheit dieser Naturoase. Pseudoprobleme betreffen etwa die korrekte Aussprache von Pflanzennamen und tatsächliche Irritationen, weil sich manchmal eine Schnecke in den Briefkasten verirrt. Britischer Humor in seiner staubtrockenen Form. Julie Ann Pownall verleiht der Gartenfreundin Cath ein mimisches Breitbandspektrum der Extraklasse, außerordentliche Bühnenpräsenz und zügelloses Mundwerk. Larry Henry als Richard darf einige Gänge tiefer agieren, wirkt auch begeisterungsfähig, aber dezenter. Kein Pflanzenfreund sollte sich an der Schlussszene ein Beispiel nehmen.
In "Remember me" treffen die früheren Freundinnen Elisabeth (J. A. Pownall) und Sarah (A. Inceöz) aufeinander. Zickenkrieg garantiert. Schuld daran ist? Richtig: Ein Mann. Dem Publikum wird in überzeugender Spielweise vorgeführt, was überall passieren könnte.
Very british dagegen die Geschichte "Outdoor Pleasures", die wiederum von gegensätzlichen Charakterrollen lebt. Uncle Don (George Rueckert) versucht wortgewaltig seiner Nichte Annie (Caren Balser) den Dichter Shakespeare näher zu bringen. Nicht eben der Stoff für Jugendliche. In der Zugabe "The Wedding Story" (by Juliane Homokay) konstruiert R. Bock als Storyteller den romantischen Idealfall, den das Brautpaar Bride (J. A. Pownall) und Groom (L. Henry) gnadenlos desillusioniert.